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Konkurrenz durch Kompetenz
Die Parteien sollen Politik, die Sender Programme machen

Konkurrenz durch Kompetenz
Die Parteien sollen Politik, die Sender Programme machen

Von Dr. Norbert Lammert,
kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Die Medienordnung in Deutschland steht nicht erst seit der spektakulären Insolvenz der Kirch-Gruppe in der öffentlichen Debatte. Bei den Schwierigkeiten um die Neuwahl der Intendanten für die Deutsche Welle und das ZDF, dem Überbietungswettbewerb öffentlich-rechtlicher und privater Sender für teure Übertragungsrechte internationaler Sportereignisse und der doppelten Initiative für ein deutsches Bezahlfernsehen im Ausland in privater sowie in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft geht es immer und nicht zuletzt um den politischen Einfluss auf die Medien, ihre ökonomischen und journalistischen Entwicklungschancen. Darüber machen sich viele Sachverständige aus Politik und Medien kluge Gedanken, zuletzt Dieter Stolte, bis vor kurzem ZDF-Intendant und nun als „Welt“-Herausgeber im Unruhestand.

Der nordrhein-westfälische Minister-präsident Wolfgang Clement beklagt in einem Beitrag in der „Zeit“ die Parteinähe der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dieser Vorwurf ist nicht neu - den Vorschlag, die Parteien aus den Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zurückzuziehen, hat lange vor Clement schon vor Jahren Jürgen Rüttgers gemacht. Auf der neuen Suche nach Glaubwürdigkeit, so Clement, könnten es nur die Politiker selbst sein, die eine Wende einläuten. Nun wirken Äußerungen solcher Art von seiten der SPD und insbesondere von Herrn Clement beinahe treuherzig, zumal sein Haussender WDR nicht immer als unanfechtbarer Ort der parteipolitischen Neutralität bezeichnet werden kann. In den Reihen der Sozialdemokratie existiert eine auffällige Besorgnis gegenüber Einfluss im Medienbereich, soweit er von anderen Kräften wahrgenommen werden könnte. „Die durch Berlusconi personifizierte Politik- und Meinungsmacht ist mit dem deutschen Verfassungsverständnis unvereinbar“, schreibt Clement, hält es aber offensichtlich mit der geforderten Politikferne für vereinbar, dass seine Partei über ihre Holding DDVG an 15 Tageszeitungen beteiligt ist, die in ihren regionalen Märkten meinungsbildend sind. In Nordrhein-Westfalen kontrolliert die SPD die in Bielefeld erscheinende „Neue Westfälische“ mit einem Anteil von 57,5 Prozent. Niemand hält den NRW-Ministerpräsident davon ab, seine eigene Forderung an Ort und Stelle in die Tat umzusetzen. Auch sonst kommen aus den Reihen der SPD verblüffende Signale zum Thema Politikferne in den Medien: Im Zusammenhang mit der Kirch-Insolvenz entdeckte zunächst der Bundeskanzler höchstpersönlich mit traum-wandlerischer Sicherheit die drängendsten Probleme bei den durch Fantasiegehälter unter Druck geratenen Fußball-Bundesligavereinen; nach der verheerenden öffentlichen Reaktion auf die angebotenen öffentlichen Bürgschaften schlug Monika Griefahn (SPD), Vorsitzende des Bundestags-ausschusses für Kultur und Medien, vor, die Bundesregierung solle Teile der Kirch-Gruppe kaufen und auf diese Weise den für unerträglich empfundenen Einfluss ausländischer Medienunternehmer zu verhindern. Ihrer Meinung nach nehme man 500 Millionen Euro aus den schon mehrfach verteilten UMTS-Erlösen und erwerbe damit eine Sperrminorität. Im Klartext: Die vierte Gewalt unter Kontrolle der einheimischen Politik, um sie vor ausländischem politischen Einfluss zu schützen. Sicherung der Pressefreiheit durch Verstaatlichung privater Sender. Eine geradezu groteske Vorstellung von Staatsferne.

Von zentraler Bedeutung für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist weniger die personelle Zusammen-setzung seiner Gremien als vielmehr die Definition des öffentlichen-rechtlichen Grundversorgungsauftrags. In diesem Zusammenhang muss auch verbindlich geklärt werden, ob das Internet bei ARD und ZDF als dritte Programmsäule etabliert werden soll oder nicht. Die kontrovers geführte Diskussion um den Erwerb der Übertragungsrechte durch ARD und ZDF für die Fußballweltmeisterschaft in diesem Jahr verdeutlicht, wie dringend die Definition des öffentlich-rechtlichen Programm-auftrages ist. Vor diesem Hintergrund ist es kaum hinnehmbar, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihren Bildungs-, Kultur- und Informationsauftrag scheinbar weniger ernst nehmen. An den materiellen Ressourcen kann dieser Auftrag nicht scheitern, denn 6,3 Milliarden Euro Gebühreneinnahmen sind eine stattliche, weltweit einmalige Summe, die überhaupt nur zu rechtfertigen ist, wenn die damit produzierten Programme sich von werbefinanzierten Angeboten unterscheiden. Anspruchsvolle Informations- und Kulturprogramme werden zunehmend auf den späten Abend verlegt oder ganz abgeschoben. Mit der Auslagerung klassisch öffentlich-rechtlicher Programme wie beispielsweise Information (Phoenix), Kultur (Arte, 3sat, Theaterkanal) und Bildung (br alpha) entfernen sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten von ihrer eigentlichen Aufgabe. Auch die Nachmittagsschiene und der Vorabend treten inzwischen mühelos mit den privaten Rundfunkanbietern in eine wenig überzeugende Konkurrenz. Klaus Bednarz karikierte die ARD schon als Spartenkanal für Volksmusik und Fußball. Auch Bernd Gäbler, Leiter des renommierten Grimme-Instituts in Marl, kritisiert das niedrige Niveau und den großen Umfang an Unterhaltungssendungen bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten von ARD und ZDF.

Bei der Zukunft der Medienordnung in Deutschland geht es nicht allein um die öffentlich-rechtlichen Rundfunk-anstalten, sondern um die Stabilität und Attraktivität des dualen Systems mit unterschiedlichen Programmangeboten unabhängiger Medien. Dabei ist weniger die Frage national oder international von Bedeutung als vielmehr Monopol oder Konkurrenz. Und, damit es nicht ganz in Vergessenheit gerät, Qualität oder seichte Massenprogramme.


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