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Bunte Bilder, graue Zahlen - 150 Tage German TV
- erschienen am 30. September 2002 in FOCUS
Der im Mai gestartete neue Auslandsfernsehkanal German TV hat inzwischen die ersten 150 Tage seines Sendebetriebs hinter sich. Den Pay-TV Sender, dessen Ausstrahlung zunächst auf die USA beschränkt ist, veranstalten gemeinsam die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, federführend die Deutsche Welle zusammen mit der ARD sowie dem ZDF. Er soll die mediale Außendarstellung Deutschlands verbessern. GERMAN TV bietet ein vorrangig unterhaltungsorientiertes Programm, was unschwer an den TV-Tipps auf der Internetseite zu entnehmen ist: Hier werden beispielsweise ein Spezial mit der „Sendung mit der Maus“, der Krimi „Polizeiruf 110 – Vom Himmel gefallen“ oder eine Zusammenfassung „Best of Bundesliga“ empfohlen. Diese Programmauswahl überrascht, soll doch GERMAN TV nach Angaben der Bundesregierung in erster Linie Multiplikatoren erreichen.
Bei der Vorstellung seines Etats am 21. November 2001 räumte der zuständige Staatsminister für Kultur und Medien, Julian Nida-Rümelin, offen ein, bei dem deutschsprachigen Fernsehprogramm handele es sich um ein Projekt, das zunächst „schwer zu begründen sei“ (epd medien). Diese Aussage ist verblüffend, da das Projekt bis zum Jahre 2006 immerhin mit 26,55 Millionen Euro Steuergeldern finanziert wird - zu wenig im übrigen nach der gemeinsamen Kostenrechnung der Sender. Auch der Bundesrechnungshof hat bereits vor dem Start erhebliche Zweifel an der Tragfähigkeit des Konzepts angemeldet. Am meisten bemängelt die Bonner Behörde die als „zu unsicher und zu hoch angesetzten Ertragsschätzungen.“ Auch bezweifelt sie die Realisierbarkeit der angestrebten 70 000 Abonennten bis 2008. Bisher sollen rund 1800 US-Haushalte GERMAN TV bestellt haben. Die Eigenwerbung „watch, what Germany is watching“ überzeugt auch die Adressaten offensichtlich nur begrenzt. Das französische Auslandsfernsehen TV 5, das seit rund fünf Jahren in den USA sendet, konnte bisher etwa 7000 zahlende Kunden gewinnen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die grundsätzliche Frage, ob das kostspielige Medium Fernsehen auch immer das wirksamste ist. Ein aufschlussreiches Beispiel bieten hierzu der BBC World Service und Radio France International, die in Berlin jeweils eine UKW-Frequenz erworben haben und auf diese Weise ihr Programm sehr effizient verbreiten. Elegant erreichen beide Auslandrundfunksender in der Bundeshauptstadt die angestrebte Zielgruppe der Multiplikatoren aus Parlament, Ministerien und Diplomatie, beispielsweise im Autoradio beim morgendlichen und abendlichen Pendelverkehr. Die Kosten eines qualitativ hochwertigen und international konkurrenzfähigen Fernsehprogramms sind so hoch, dass sie kaum aus dem Bundeshaushalt finanziert werden können, zumal mit Deutsche Welle tv und GERMAN TV nun zwei Auslandsfernsehprogramme existieren. Daneben gibt es seit September 2001 auch ein privates unterhaltungsorientiertes deutsches TV-Angebot „Channel D“. Das öffentliche Interesse kann schwerlich in der steuerfinanzierten Konkurrenz von Unterhaltungsangeboten im Ausland liegen.
Die Produktion von informativen Radioinhalten ist im Vergleich zum Fernsehen vergleichsweise günstig und der digitale Vertrieb ebenfalls preiswert. Wegen der deutlich geringeren Programmkosten kann das klassische Auslandsradio in vielen Fremdsprachen arbeiten. In Regionen wie Afrika oder Zentralasien sind Fernsehen und Internet oft gar nicht zugänglich. Deshalb kommt dem Kurzwellenradio eine nach wie vor überragende und unverzichtbare, deshalb auch vorrangige Rolle zu. Wie erfolgreich Auslandsradio sein kann, zeigt der BBC World Service, das einzige europäische Medium, das auf dem von amerikanischen Medien dominierten Weltmarkt Bedeutung hat. Dieser Erfolg ist keineswegs nur dem Wettbewerbsvorteil zu verdanken, den die Sprache Englisch als lingua franca aufweist, sondern den Fremdsprachenprogrammen. Nur 25 Prozent der weltweiten Hörerschaft erreicht das englische Programm. Die große Mehrheit schaltet eines der 43 Fremdsprachenprogramme des BBC World Service ein. Ohne bunte Bilder.
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