PARADISE, Ruhrtriennale
Theatre-Rites, Regie: Sue Buckmaster
Muss man sich so das Paradies vorstellen? Räume, Licht, Sand, Wasser, Nebel, Wolken, Töne, Rhythmen, Gesichter, Gesten - und ein alter Mann mit Bart und Krone, der mit liebenswürdiger Unerbittlichkeit kurze Kommandos gibt und uneinsehbare Notizen in eine alte Kladde schreibt. Und überall nur glückliche Minen, verzauberte Menschen, junge und alte, die fasziniert die völlig zweckfreie, aber keineswegs sinnlose Beschäftigung zwischen Himmel und Erde beobachten.
Darf man sich so das Paradies vorstellen? Immerhin für eine gute Stunde...

RUHR-MUSEUM
Zeche Zollverein Essen
Noch ein Museum. Allein im Ruhrgebiet gibt es weit über hundert: für Kunstsammlungen, für Technik, Industrie- und Heimatgeschichte, für Archäologie, Natur und Wissenschaften. In Verbindung mit der europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010 entstehen in Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund und Hagen neue Museen oder spektakuläre Neubauten renommierter Häuser, von international angesehenen Architekten entworfen und vom geballten Ehrgeiz der Städte, der Region, der Landschaftsverbände und privater Stiftungen und Sponsoren realisiert, von Bund und Land unterstützt.
Noch ein Museum. Und was für eins! Nicht neu, über 100 Jahre alt, aber ganz anders als anderswo. Das neue Ruhr-Museum hat alles, was bedeutende Museen haben: herausragende Exponate, exemplarische Sammlungen, historische und zeitgenössische Dokumente in einer modernen, medialen Präsentation. Zwei Aspekte mindestens sind besonders: zum ersten Mal erhält das Ruhrgebiet eine ebenso brillante wie umfassende Darstellung seiner Geschichte, die älter und bunter ist als die übliche Wahrnehmung eines Kohle- und Stahlreviers. Hier sind nicht nur Arschleder und Knappentrachten zu finden, Eisenerze und Stahlkonverter, Schutzhelme und Stahlhelme, Haushaltsgeräte der Familie Krupp und Mobiliar von Migrantenfamilien, Bilder, Büsten, Fotos und Filme, sondern beinahe alles, was man mit dieser Region verbindet. Fußball, Schrebergärten, Bergmannssiedlungen, Taubenzucht, Technik, Tanz, Musik, Theater, Wissenschaft. Und dies alles und mehr ohne enzyklopädischen Eifer mit einem herrlichen Schuss Selbstironie ausgestellt und präsentiert am authentischen Ort: in der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Zollverein, von der spätestens jetzt über jeden Zweifel erhaben ist, warum sie zum „Weltkulturerbe“ erklärt wurde.
Das hatte uns gerade noch gefehlt. Genau das.

Die großen Opern in 3sat
Weihnachten und Neujahr 2009/2010
Es gibt Tage, an denen man gerne manchen Groll über das zunehmend quotendominierte Programmangebot öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten vergisst und beinahe stolz ist auf das, wozu Fernsehen eben auch in der Lage ist. Die Serie großer Opern in Aufzeichnungen herausragender Inszenierungen bedeutender Häuser und Festivals über die Feiertage zum Jahreswechsel gehört zu diesen nicht allzu häufigen, aber umso erfreulicheren Erfahrungen.
Natürlich sind es die populären Säulen des Repertoires: Die Zauberflöte, Don Giovanni, Fidelio, Carmen, Tosca, Aida, La Boheme, Lohengrin und Der Rosenkavalier, aber in anspruchsvollen, modernen, anregenden und gelegentlich aufregenden Inszenierungen, die auch auf der Mattscheibe ihre Wirkung nicht verfehlen – jedenfalls nicht bei einer brillanten Bildregie wie bei La Traviata und Lohengrin, die durch gekonnte Kameraschwenks auch hinter die Bühne und Großbildaufnahmen nicht nur der Hauptdarsteller an Suggestivkraft eher dazu gewonnen haben. Für Tosca gilt das nicht immer, weil die TV-Produktion der Versuchung erliegt, das die Bühne dominierende gigantische Auge zwar treffend, aber allzu häufig als Videobild von Überwachungskameras einzublenden – mit Vertonung von Puccini immerhin. Nicht alle Inszenierungen sind originell und so anregend wie die begleitenden informativen Dokumentationen über Entstehung und Aufführungsgeschichte der jeweiligen Oper mit Szenenausschnitten auch aus anderen Produktionen.
Und natürlich findet das nicht in den Hauptprogrammen von ARD oder ZDF statt, sondern als Spartenangebot, in die das Anspruchsvolle und Sperrige immer konsequenter ausgelagert wird. Und quotenträchtig ist es ganz sicher auch nicht, trotz des ebenso bemühten wie unsinnigen Zuschauer-Wettbewerbs um die „schönste Oper aller Zeiten“, die es genauso wenig gibt wie das beste Fernsehprogramm aller Zeiten. Aber im deutschen Fernsehen gibt es kaum Besseres. Und mit Gebühren sollen die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht Quotenwettbewerbe gewinnen, sondern Profil…

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